STATEMENTS UND FRAGEN ZUM SYSTEM [08.06. 2006]

FOKUS

Wir orten zur Zeit drei Hauptprobleme, die vorrangig gelöst werden müssen, bevor ein Weiterdiskutieren über Vergabemethoden im Detail sinnvoll ist:

1.
Aus dem Monopolanspruch und dem Zwangscharakter von netznetz entstehen zahlreiche Unerträglichkeiten [und von einigen noch nicht erkannte und als solche akzeptierte Ausweglosigkeiten], die bei Freiwilligkeit wegfallen würden.

2.
Einige Mitglieder des Personenkomitees tragen die Begriffe Selbstverwaltung und Basisdemokratie vor sich her, praktizieren selbst aber bewusst oder unreflektiert ein veraltetes, hierarchisches System mit Alpha-, Beta- und Gammawesen.
Damit einher gehen Informationspolitik und Diskussionsmethoden, wie sie oft undemokratischer kaum sein könnten.

3.
Das konsequent praktizierte und nie wirklich in Frage gestellte einfache Mehrheitsprinzip hat schon etliche Entscheidungen hervorgebracht, entspricht aber weder bei Abstimmungen über Vorgehen, Personen und Funktionen noch bei der Beurteilung von Personen und Projekten den Anforderungen.
Wir brauchen hier ein System, das Chancengleichheit und gleichen Einfluss für alle in der Community vertretenen Gruppen unabhängig von ihrer Größe garantiert. Die Mehrheit – wer sonst – hat bei der Wahl einer Regierung für die nächste Legislaturperiode immer recht, bei Entscheidungen oder Beurteilungen im kulturellen oder künstlerischen Bereich liegt sie in den meisten Fällen völlig daneben.

STATEMENT 1

Netzkunst und -kultur ist ein sich ständig inhaltlich und formal wandelndes amorphes Gebilde. Was heute für viele scheinbar universelle kulturelle Gültigkeit besitzt, wird durch avantgardistische Unterströmungen oder die Einführung neuer Technologien bereits morgen ad absurdum geführt.
In netznetz samt mana befinden wir uns in einem noch unterentwickelten sozialen System und ein solches entwickelt sich nicht notwendigerweise durch beharrliches Abwarten selbständig zum erwünschten, alternativen Fördermodell für alle, wenn nicht fundamentale Basisarbeit im Vorfeld durchgeführt wird. Dieses gesellschaftliche Microsystem benötigt für seine positive Entwicklung die intellektuelle Mitarbeit aller.
Wenn der theoretische Denkansatz überhaupt je ein demokratischer und nicht nur ein konkurrenzkämpferisch/manipulativer war, wäre vor der Einführung eines solch neuen Systems mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit eine grundlegende Analyse des Status quo und eine Projektdurchführbarkeitsstudie durch Wissenschaftler und/oder Künstler nötig gewesen.
Vor dieser wären aber noch einige andere einfache aber umso wesentlichere Schritte fällig gewesen, die wir als Betroffene vermissen. Egal ob – aus welchen Gründen auch immer – die fehlenden Informationen nur nicht mehr für alle zugänglich sind oder niemals gegeben wurden, erwarten wir von den momentanen Betreibern, auch in ihrer Eigenschaft als Schnittstelle zur MA7, die Beantwortung folgender Fragen und so manches mehr:

Wir schicken unsere Einschätzung voraus, dass alle Beschlüsse der vergangenen 2 Jahre extreme Minderheitenbeschlüsse waren und daher heute völlig ohne Bedeutung sind.

Falls einige Forderungen hier bereits von anderen erhoben wurden, bitten wir, das Folgende nicht als Aneignung, sondern als Zustimmung, Solidarisierung und Verstärkung zu verstehen.

BETR. NETZNETZ SELBST

1
Wo präsentieren sich alle Mitglieder und Anwärter des Personenkomitees detailliert selbst, damit sich jeder ohne große Googeleien ein Bild über die Biografie dieser Personen und ihre Eignung für diese Tätigkeit machen kann?

2
Wo ist detailliert festgehalten und nachzulesen, wie Verantwortlichkeiten und Entscheidungsvollmachten auf die einzelnen offiziellen Vertreter [Pk?] von netznetz verteilt sind?
[Namen, Funktionen, Rechte, Pflichten.]

3
Welche Rechtsform hat netznetz im Zusammenhang mit den Vertragsabschlüssen mit der MA7 und auch der Community gegenüber?
[Ein demokratisches Grundrecht ist die Einklagbarkeit von Rechten und vereinbarten Leistungen. Daher und als Beispiel: welche juristische Person kann ich klagen, wenn ich gemobbt, im Verfahren regelwidrig behandelt oder um Urheber- oder Verwertungsrechte aus meiner Einreichung betrogen werde?
Wenn nach wie vor die MA7 haftbar ist, ist das inakzeptabel, weil durch die Delegierung des Entscheidungsprozesses und die gesamte Durchführung, aber nicht der Verantwortung an netznetz für beide Seiten ein kaum zu schließendes juristisches Schlupfloch entstehen würde.]
Wir weisen darauf hin, dass der Begriff 'Verein' bei uns allen zwar untrennbar mit der Ergänzung 'smeierei' verbunden ist, ein Verein u.U. aber die einzige Möglichkeit darstellt, die geforderte juristische Person herzustellen. Den Verein gründen, die Vorteile davon haben und gleich wieder vergessen, dass netznetz ein Verein ist, wäre in diesem Fall der Vorschlag.

BETR. NETZNETZ <=> MA7

4
Welche schriftlichen und/oder mündlichen Verträge sind im Detail jemals zwischen netznetz und der Stadt Wien zu welchem Zeitpunkt abgeschlossen worden? [Namen, Datum, Inhalt.]

5
Welche finanziellen Absprachen existieren in Bezug auf Honorare für Vertreter von netznetz und welche Leistungen sind dafür vereinbart? [Namen, Beträge, Leistungen.]
Welche zusätzlichen Abhängigkeiten und Verflechtungen bestehen?
Auf welche Personen [netznetz und MA7] wurden welche Funktionen verteilt?
[Wir betonen ausdrücklich, dass wir nicht der Meinung sind, dass hier jeder gratis arbeiten muss, bestehen aber auf Offenlegung.]

BETR. COMMUNITY

6
Wann, von wem und wo wurde umfassend und nachlesbar definiert, für welche Kunst-/Kulturbereiche das neue System angewendet wird?
Wer entscheidet im einzelnen Fall nach welchen Richtlinien über die Zuständigkeit und damit Zulassung oder Abweisung der Einreichungen? [doch nicht das 3-köpfige Validationsgremium alleine ohne exakt in seiner Anwendung überprüfbares Regelwerk?]

7
Wie wurde bei Projektbeginn die genaue Zusammensetzung der Community erhoben, wo wurde das Ergebnis dieser Recherche überprüf- und korrigierbar dokumentiert, gelistet?
Welche Untergruppierungen wurden bei der nachfolgenden Analyse der Zusammensetzung der Community eingeführt?

8
Welche Gedanken hat sich das Personenkomitee darüber gemacht, ob und welche Gruppen hier Vorrang oder Mehrgewicht beim Anspruch auf Fördergelder haben sollen? [z.B.: sind gerade im Bereich der Netzkultur die Produktion von Kunst und die Bildung von Realraum gleich wesentlich? Ist die theoretische Analyse, die auf das Vorhandensein von produzierter Kunst angewiesen ist, hier genauso förderungswürdig wie die Kunstproduktion selbst, obwohl für wissenschaftliche Arbeit auch andere Quellen angezapft werden können? etc.]

9
Wie, in welchem Ausmaß und wann sind Stadt Wien und netznetz ihrer Informationspflicht allen vom neuen System Betroffenen gegenüber nachgekommen?
Wurde jedes betroffene Mitglied der Wiener Kunstszene persönlich vor Einführung über das geplante Vorhaben – der Übergabe öffentlicher Fördermittel eines bestimmten Bereichs in private Hände – umfassend informiert und nach seiner Zustimmung als tatsächliches oder zukünftig betroffenes Mitglied befragt und um seine notwendigerweise aufwändige, ununterbrochene Mitarbeit gebeten?
[Wir selbst halten uns z.B. nicht ständig im Dunstkreis der Subventionstöpfe auf und haben daher erst durch Zufall am 11.4.2006, 5 Tage vor Einreichungs-Deadline des zweiten Durchgangs, überhaupt von dem damals schon lange in Kraft getretenen System erfahren.]

10
Wie stellen sich MA7 und Personenkomitee die Aufwandsentschädigung für die geleistete Mitarbeit der Gesamtcommunity in Entwicklungsprozess und Verteilungsverfahren vor?
[überhaupt für die Arbeit jener, die sich an ein System wie das aktuelle eigentlich nicht anpassen wollen. Manche besitzen das Zusatztalent zur Bildung von Koalitionen und ökonomisch statt künstlerisch motivierten Gemeinschaften nicht oder wollen es zumindest in sich nicht entdecken und kultivieren. Sie bleiben daher in der ewigen Versuchskaninchenrolle und haben selbst keinerlei Chance auf Förderung.]
[ Bisher wurde diese Arbeit von Beamten und Juroren durchgeführt, die weitere Führung dieser Kostenstelle ist bei völliger Übertragung auf netznetz obsolet, das Geld frei. Kommt das bereits jemandem zugute, wem?]

DANACH

11
Wegen der schon erwähnten Nicht-Beteiligung der Mehrheit der Community an allen Beschlüssen der vergangenen 2 Jahre ist nach der möglichst kompletten Erfassung der Community eine neue Grundsatzabstimmung der gesamten Community über die Einführung eines selbstverwalteten Systems zwingend notwendig.

12
Wenn das zu beschließende System für alle Mitglieder der Community den einzigen Zugang zu einer eventuellen Förderung bieten soll, muss bei dieser Abstimmung gewährleistet sein, dass die einzelnen in der Community vorhandenen Interessensgruppen ungeachtet ihrer Mitgliederzahl gleichberechtigt dastehen. Da ein einfaches Mehrheitssystem dieser Anforderung nicht gerecht werden kann:
Welches Verfahren bei Durchführung und Auswertung dieser Grundsatzabstimmung schlägt das Personenkomitee vor?

13
Wenn es netznetz nicht möglich ist, ein von allen Communitymitgliedern EINSTIMMIG akzeptiertes Verfahren anzubieten, muss jenen Mitgliedern der Community, die einem selbstverwalteten Community-System eine kompetente Beurteilung der Förderwürdigkeit ihres Projekts [noch] nicht zutrauen, bei jeder Einreichung unter Aufteilung des Budgets eine noch zu diskutierende Alternative geboten werden.

14
Wenn netznetz selbst diese Alternative nicht bieten kann oder will, muss netznetz zwangsläufig auf seinen Monopolanspruch verzichten und die Stadt Wien nach anteilsmäßiger Aufteilung des Budgets ihrerseits selbst oder besser in Zusammenarbeit mit anderen ein alternatives Verfahren bieten.

ALLGEMEINES, ZUKÜNFTIGES, GEPLANTES, DER WILLE DES AKTUELLEN KOMITEES

15
Wird das jeweilige Personenkomitee in Zukunft eine Gleichbehandlung aller Diskussionsbeiträge [durch das Pk] in der an sich geeigneten und zeitgemäßesten Plattform der Diskussionsliste garantieren und wie?
[Bisher wird hier in unerträglicher Weise manipuliert wie nur und tatsächlich sind subjektive Vorlieben einiger weniger maßgebend, die ihnen genehme Argumente mit Diskussion oder Antwort aufwerten und Beiträge, die das System grundlegend in Frage stellen oder sie einfach nur 'nerven', konsequent mit der wienerischen und ekelhaftesten Ausformung des Mobbings - nicht einmal ignorieren, einfach aussitzen – diskriminieren oder, auch in Off-Liste-Mails, versuchsweise lenkend oder filternd vorgehen und rote oder andere Karten zeigen.]

16
Werden die Regeln für die Kooptierung von Komiteemitgliedern durch das Komitee in der laufenden Periode zwischen den Wahlen über 'nicht wählbar weil offen' hinaus genauer festgelegt und wie?
[Wie viele maximal, kann jede/r sofort ins Komitee und wieder hinaus, wie's sie/ihn freut oder entscheidet jemand [wer], wie befristet, unter welchen Bedingungen, mit welchen Befugnissen ...?]

17
Plant das Komitee, in Zukunft das Wahlverhalten der Communitymitglieder [Wahlbeteiligungsquote, Stimmenthaltung, ungültige Stimmen] bei der Auswertung des Wahlergebnisses einzubeziehen und wie?

18
Wird das jeweilige Personenkomitee in Zukunft ausnahmslos alle Vorgänge und Vereinbarungen mit der MA7 detailliert und ohne Aufforderung der Community zugänglich machen? [Sitzungsprotokolle, cc der eMail-Kommunikation, Scans der Briefwechsels.]

19
Ist das Personenkomitee zur Vereinbarung bereit, in Zukunft ausnahmlsos alle Unternehmungen im Namen von netznetz/mana detailliert zu protokollieren und dieses Protokoll der Community zugänglich zu machen?
[Vereinbarungen, Interviews, Kontakte, Vorträge, veröffentlichte Texte etc.]

20
Denkt das Personenkomitee daran, die Frauen-Quote bei der Zusammensetzung des Pk zu erhöhen und wie?

21
Ganz allgemein plädieren wir dafür, Wahl- wie Diskussionsvorgänge – wann immer es möglich ist – per Internet durchzuführen, um eine Benachteiligung derer zu vermeiden, die für ständige Treffen wegen unterschiedlicher Präferenzen keine Zeit haben und/oder sie mit vollem Recht und ohne weitere Gründe angeben zu müssen ganz einfach nicht wollen. Nicht jeder lässt sich gern in ein soziales Gefüge mit willkürlichen und unausgesprochenen Verhaltensregeln pressen.
Disput: Ausschließlich schriftliche Diskussion muss nicht [gefiltert] protokolliert werden und findet nicht unter dem [Zeit]Druck persönlicher Konfrontation statt.
Abstimmung: Nur die wenigsten [manche aus guten Gründen aber schon!] Wahlvorgänge müssen unbedingt geheim erfolgen, alle anderen sind durch die Namensnennung von jedem ständig überprüf- und somit nicht hackbar und können daher mit Hilfe von einfachen Webformularen und einer Microdatenbank oder sogar per eMail durchgeführt werden.

STATEMENT 2

Wir betonen ausdrücklich, dass wir ein System, das alle diese Forderungen erfüllt, für zur Zeit nicht realisierbar und – zumindest jetzt - für wahrscheinlich gar nicht wünschenswert halten: Ein Beurteilungssystem mit einer über Jahre bezüglich Interessenverteilung so gut wie gleich zusammengesetzten, potenziell inzüchtlerischen Gesamtjury, die noch dazu aus denselben, im selben Prozess konkurrierenden Förderungswerbenden besteht, ist für uns gerade im Kunst/Kulturbereich per se noch immer keine wirklich gute Idee. Wir wissen aus jahrzehntelanger Erfahrung mit dem Kunstbetrieb und uns selbst, dass die meisten Künstler nicht besser oder schlechter, aber völlig anders ticken, als sich das z.B. Ökonomen, Kunstkritiker und Theoretiker vorstellen können. Auch die Erfahrung des zweiten und Schilderungen des ersten Durchgangs sprechen gegen diesen Versuch.

Damit aber soll nichts Grundsätzliches gegen Selbstverwaltung gesagt sein und wir schließen selbstverständlich nicht aus, dass es irgendjemandem irgendwann gelingen könnte, auf welcher Grundlage auch immer ein basisdemokratisches, selbstverwaltetes System zu entwickeln, das monopolistisch und trotzdem chancengleich für alle, denen Fördermittel zustehen, angewendet werden kann.
Wenn man in der Hoffnung darauf den heutigen Rahmen für diese Entwicklungsversuche – netznetz – bei gleichzeitiger Anwendung weiterlaufen lassen will, sind allerdings die oben geforderten [und sicher noch mehr] Grundvoraussetzungen unverzichtbar. Unverzichtbar deshalb, weil eine radikal offene, transparente Vorgangsweise den zumindest vorerst wesentlichen Unterschied zur bisher üblichen machen würde. Undurchschaubare Abläufe hatten wir schon, aber u.U. mit vergleichsweise sogar größeren Chancen auf Förderung [besonders von nicht spektakulären, sensiblen Projekten ohne Eventcharakter] und ohne aufwändige, Zeit und Substanz fressende und letztlich völlig einflusslose Mitarbeit.

Wir halten die doppelgleisige Version [besser innerhalb von netznetz oder außerhalb mit einer zusätzlichen anderen Gruppe als mit der MA7 direkt] mit freier Wahlmöglichkeit bei jeder Einreichung für die zur Zeit einzige eventuell vertretbare. Die 'Community-Verfechter' wären von den vielen bereits erwähnten Unerträglichkeiten, die allein durch den monopolistischen Zwangscharakter des jetzigen Systems entstanden sind, befreit und könnten - zwar mit reduzierten Mitteln, aber dafür locker mit Freiwilligen – weiterarbeiten. Bei Gelingen und transparenter Vorgangsweise könnte nach einiger Zeit ganz automatisch und ohne Zwang das Monopol zurückgewonnen werden.
Wenn nicht Größenwahn und kurzsichtige totalitäre Ansprüche im Personenkomitee und bei einigen Lobbyisten die einzigen Beweggründe für eine un- oder nur mäßig modifizierte Fortführung des Projekts sind, müsste diese Version eigentlich Zustimmung finden.

Nochmals unsere Sicht: Der komplette Forderungs-/Fragenkatalog muss erfüllt/beantwortet sein, bevor eine allgemeine oder detaillierte Diskussion der verschiedenen Auswahlverfahren sinnvoll ist.

GRAF+ZYX